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EEP6 trifft Wirklichkeit

Verfasst: 14.04.2013, 17:04
von von_Wastl
Diese Geschichte handelt von einer EEP-Anlage und beginnt an der Kilometertafel 81.6km.

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Obwohl, eigentlich endet sie hier. Denn, hatten die schwer arbeitenden Dampfloks die letzte Links-Kurve genommen und eine Brücke kam in Sicht, ja dann war es geschafft… Lokführer und Heizer konnten aufatmen.

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Diese fast 90 Jahre alte Brücke aus genieteten Fachwerkträgern mit 21m lichter Weite war als Wegweiser für die bergwärts fahrenden Lokpersonale ein ersehnter Lichtblick, es war das Ende einer 1:40-Steigung ( 1m Höhengewinn bei 40m Streckenlänge ) und kennzeichnete die Einfahrt in den fast in einer Ebene liegenden Berg-Bahnhof. Erst 1981 wurde die Fachwerkbrücke durch eine moderne, aber eben auch nüchterne, Stahlbetonbrücke ersetzt.
Ob sich in der Erleichterung der absolvierten Anstrengung die Lokpersonale auch einen Blick auf das links von der Strecke befindliche Kirchlein erlaubten und ein kleines Stoßgebet zum Himmel schickten, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.

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Nach der Einfahrt in den Berg-Bahnhof konnte die Schublok den Dienst quittieren und zum nächsten Einsatz zurück zum Talbahnhof fahren. Für die knapp 7 Kilometer lange Steilstrecke brauchten schwere Güterzüge manchmal bis zu 45 Minuten. Nicht nur die Fahrzeuge, auch die darauf arbeitenden Menschen hatten sich dann eine kleine Pause verdient. Um nach so langer Streckenblockade überholt werden zu können, rollten die Güterzüge am Stellwerk vorbei auf den sogenannten Goldbergstutzen ( in der EEP6-Anlage nicht realisiert ). War der überholende Zug durch, drückte die Lok den Gz zurück hinter das Ausfahrsignal auf Gleis 3. Um zu vermeiden, dass das Zugende wieder in die Gefällestrecke gerät, war auf der Bergseite des Bahnhofes ein Bahndamm aufgeschüttet, auf dem sich ebenfalls ein Ausziehgleis befand. So konnte der Gz aus der Ebene zum nächsten Etappenziel aufbrechen. Aber bevor der Achtungspfiff ertönte war oft genug Zeit für eine kleine Stärkung.
So dürfte so manche Güterzuglok leise vor sich hin zischend vor dem Ausfahrsignal auf Gleis 3 gewartet haben, bis der Meister und sein Heizer die Pause beendet hatten und von hier zurück waren:

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Und was war hier fahrzeugtechnisch zu sehen? Die legendären 95 und bay. 96 als Schiebeloks, donnernde 01-Doppelbespannungen vor schweren Schnellzügen. Die V80, V100 und die V200 gaben sich mit Eil- und Schnellzügen die Ehre. Anfangs der 1970iger Jahre drangen dann auch die schweren 221 vor, die hier von Nürnberg aus den hochwertigen Reiseverkehr mit DC Mainland und DC Saaleland mit Pop-Wagen erledigten. Dreißig Jahre später tauchten hier sogar die ICTD 605 im Doppelpack auf. Die Franken machten Späße: Acht Motoren für acht Fahrgäste!
Dazwischen lagen Jahre mit Schienenbus, 614 und natürlich der unverwüstlichen 218, nach dem die Rundnasen den Gang der Wiederverwertung gehen mussten. Die Schienenbus-Nachfolger 628 sah man nur in Ausnahmefällen auf der Strecke. Die Einmotorer erwiesen auf Dauer als zu schwach.
Sicherlich habt ihr längst erkannt, es handelt sich um den Bahnhof Marktschorgast am Ende der „schiefen Ebene“.

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Erbaut wurde er im Rahmen der Erweiterung der Ludwig-Süd-Nord-Bahn Bamberg –Hof zwischen den Jahren 1844-1848, als auch die legendäre Steilstrecke entstand.
Wo früher stampfend die berühmte 01 den Berg herauf gedonnert kam, fahren heute Rene´s Wackeldackel als RB oder RE viel warme Luft spazieren.

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Rangiermanöver sind nicht mehr erforderlich, seit dem auch kein Güterverkehr mehr über die Rampe geführt wird. So sind die Bahnanlagen auf das Minimum reduziert, die Ausziehgleise fehlen komplett, die Stellwerke sind längst abgerissen, das 3. Gleis ist ebenfalls abgebaut. Dort entstand im Laufe der Jahre ein stattliches Birkenwäldchen.

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Auf der Bahnhofseite verblieb nur noch das Wasserhaus, der von einer Firma als Lagerhalle genutzte Güterschuppen und das Hauptgebäude. Alle zusammen in sehr unansehnlichem Zustand. Die Sandsteine benötigten schon lange eine Grundreinigung.

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Die allerletzte Dampflokleistung über die schiefe Ebene erfolgte am 11. Januar 1975 von einer Hofer 050.
Doch zumindest einmal im Jahr aber hallen heutzutage die Dampfpfeifen und donnernde Auspuffschläge durch das Tal. Immer an Pfingsten treffen sich im und am DDM in Neuenmarkt-Wirsberg viele der noch einsatzfähigen Dampfloks aus der ganzen Bundesrepublik, um an die traditionsreiche Geschichte dieser steilsten Bahnstrecke Deutschlands zu erinnern. Ich bin dieses Jahr vom 18.-20.Mai 2013 wieder dabei.
Allen, die sich weitergehend mit der Materie „schiefe Ebene „befassen wollen, sei die Zeitschrift Eisenbahn-Journal special 3/ 98 „Schiefe Ebene-Hof-Plauen“ ISBN 3-89610-033-5 ans Herz gelegt.
Viele Grüße
Rainer al. von_Wastl

http://de.wikipedia.org/wiki/Schiefe_Eb ... strecke%29
http://www.dampflokmuseum.de/cms/index. ... &Itemid=66

Re: EEP6 trifft Wirklichkeit

Verfasst: 14.04.2013, 19:43
von René
Schon zusammengeschrieben... :daho
Wo früher stampfend die berühmte 01 den Berg herauf gedonnert kam, fahren heute Rene´s Wackeldackel als RB oder RE viel warme Luft spazieren.
Aber diese "Wackeldackel" sind meistens richtig gut besetzt. Hab ich selber schon oft erlebt weil ich die Strecke öfters fahre. :grins:

Vielleicht trifft man sich ja mal zu den Pfingstdampftagen, bin am 18.Mai dort. ;)

Re: EEP6 trifft Wirklichkeit

Verfasst: 14.04.2013, 23:08
von von_Wastl
Hallo Rene,
vielleicht sind die Züge morgens und abends etwas besser frequentiert, aber am letzten Freitag Nachmittag, als die Aufnahmen entstanden, waren die 2 erlebten 612 höchstens mit je 10 Fahrgästen besetzt.

Grüße
Rainer

Re: EEP6 trifft Wirklichkeit

Verfasst: 14.04.2013, 23:49
von Daubentonia
das stimmt schon, auch wenn ich paar stationen später eingestiegen bin, um dann gen würzburg zu fahren - es gab nie ein platzproblem :mrgreen:

Re: EEP6 trifft Wirklichkeit

Verfasst: 14.04.2013, 23:51
von mozkito
hallo rainer,

vielen dank für die bilder und begleitgeschichte :daho
nach lesen des ersten satzes war ich allerdings gespannt auf ein paar vergleichs eep-screenshots an den fotopunkten ... trotzdem gelungener stimmungsbericht :cafe: